Freitag, 14. Juni 2013

Kambodscha - Phnom Penh

Wir haben zwei intensive Tage in Phnom Penh verbracht und bevor es morgen 13 Stunden mit dem Bus über die Grenze nach Laos gehen wird, wollten wir noch einmal von den vielen berührenden und teils sehr nachdenklichen Momenten in Phnom Penh berichten...
Die Stadt ist wirklich groß, vollgestopft mit endlosen Markt- und Straßenständen, unzähligen intensiven Gerüchen, rufenden Tuk-tuk-Fahrern und unheimlich viel Verkehr. Entlang der Uferpromenade des Mekong wird allabendlich in großen Gruppen fleißig Aerobik-für-jedermann getanzt und wir werden auf Schritt und Tritt angesprochen, ob wir nicht doch das Tuk-Tuk zum Königspalast nehmen oder irgendwas kaufen wollen. Gestern Vormittag wollten wir uns diesen auch anschauen, aber hoher Besuch vom Premierminister verschloss die Türen für uns Touristen, so dass wir stattdessen zum Wat Pnohm gefahren sind. Beim zweiten Versuch heute Nachmittag begann es auf dem Weg zum Palast wie aus Eimern unaufhörlich zu schütten. Nachdem wir im Tuk-Tuk in der immer mehr überfluteten Straße fast weggeschwommen sind, haben wir nach einiger Warterei entschieden, dass es mit uns und dem Königspalast sowie seiner berühmten Silberpagode nichts wird. Stattdessen gab es bei Monsunwetter-Kulisse ein Bierchen :) 
Gestern Nachmittag haben wir die Killing fields in Choeung Ek 15km außerhalb der Stadt besucht. In diesem Exekutionszentrum wurden von den Roten Khmer zwischen 1975-79 bis zu 20.000 Menschen auf schreckliche Art und Weise ermordet. Bereits auf der Reise nach Phnom Penh habe ich das sehr berührende Buch "First they killed my Father" über den Genozid von 2 Millionen Menschen unter Führung von Pol Pot gelesen und als wir hier durch die friedlichen Obstgärten gelaufen sind, konnten wir uns kaum vorstellen, wie hier tagtäglich die Häftlinge des S-21 Gefängnisses sowie Frauen mit ihren Babys hingerichtet und zu Tode geprügelt wurden. Jeder Besucher bekam einen Audio-Guide, über den man anhand verschiedener Stationen sowie persönlichen Erzählungen durch die grausame Geschichte dieses Ortes geführt wurde. Die Gedenk-Stupa mit den 9000 Schädeln, die auf den "killing fields" gefunden wurden, erinnert auch an unsere eigene traurige Geschichte während der NZ-Zeit, die sich auf ähnliche Weise hier in Kambodscha wiederholt hat. Noch erschütternder war jedoch der Besuch des Tuol-Sleng-Museums, wo während der Herrschaft der Roten Khmer ein Gymnasium in ein Sicherheitsgefängnis umgewandelt wurde, indem die Häftling vor ihrer Hinrichtung in den "killing fields" grausam gefoltert wurden. Die Gräueltaten wurden akribisch und mit Fotos dokumentiert und die eindringlichen Gesichter der Gefangenen auf ihren Fotos haben uns sehr berührt. Die vietnamesische Armee fand bei der Befreiung des S-21 Gefängnisses nur noch sieben lebende Häftlinge, die aufgrund spezieller Fähigkeiten am Leben gelassen wurden, und die letzten zwei von diesen sieben Überlebenden konnten wir gestern persönlich treffen. Das war einer der bewegendsten Momente der Reise und uns fiel keine gute Frage ein, die man so einem Menschen stellen kann. Wir waren beeindruckt, wie sie hier herkommen, um ihre Geschichte mit den jungen Kambodschanern zu teilen, damit sie sich nicht wiederholt. Als wir erzählten, dass wir Deutsche sind, hat er stolz einen Artikel aus der  Süddeutsche Zeitung hervorgeholt und uns auch von seinem Besuch im KZ Sachsenhausen erzählt (er fand es furchtbar kalt in Deutschland). Dass die Hauptverantwortlichen für diesen Völkermord erst in den letzten Jahren juristisch zur Verantwortung gezogen wurden oder es wie bei Pol Pot bis zu seinem Tod nie zu einer Verurteilung kam, ist genauso unfassbar, wie dass die meisten westlichen Länder über Jahrzehnte nach dem Sturz der Roten Khmer offiziell nicht die neugebildete Regierung, sondern weiterhin die von Pol Pot anerkannten... 
Auch gestern Abend war ein nachdenklicher, als vor unserem Guesthouse eine völlig unterernährte Familie auf der Straße schlief und uns der Tuk-Tuk-Fahrer erzählte, dass sie hier seit 3 Jahren ums Überleben kämpfen. Auch wenn wir zuvor von so vielen, teils aggressiven Bettlern und Straßenkindern angesprochen wurden, so hat uns das Schicksal dieser Familie so berührt, dass wir gestern Nacht noch Brot gekauft und ihnen geschenkt haben. Ihre Dankbarkeit hat mir die Tränen in die Augen getrieben und die soziale Kluft Kambodschas wird einem wohl kaum so deutlich wie hier in Phnom Penh, wo sich dicke und teuerste Autos durch die vielen kleinen Karren der Ärmsten schieben.
In keinem Land zuvor hat uns die Armut der Menschen und die soziale Ungerechtigkeit so getroffen wie hier!
Aber zum Abschluss noch eine schöne Anekdote aus Phnom Penh: unser Laptop-Ladekabel hat gestern seinen Geist aufgegeben und dementsprechend haben wir uns heute auf eine Odyssee begeben, um ein neues aufzutreiben. Schweißgebadet haben wir dann nach einigem Suchen und erfolglosen Fragen einen Apple-Laden gefunden, aber wir waren nicht bereit, 100$ dafür zu blechen. Mit Hilfe von nicht englisch-sprechenden Tuk-Tuk-Fahrern, ihren Chefs, Ladenbesitzern und nach einigen Telefonaten ging es dann mit dem Tuk-Tuk in eine entfernte Seitenstraße Phnom Penhs, wo wir dann nach einigem Warten ein neues zum halben Preis bekommen haben - so können wir auch weiterhin bloggen :)

Hier ein paar Fotos aus Phnom Penh auf Flickr:



Markt in Phnom Penh

"Killing fields" mit Gedenk-Stupa in Choeung Ek


Our Tuk-tuk drivers enjoy the heavy rain :)


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