Samstag, 13. Juli 2013

Mit Mr. Chao im Bergdorf des Phu Long Nationalparks

Mit einem kleinen Bus ging das Geholper und Gehupe weiter bis nach Ninh Binh, 3 Stunden südlich von Hanoi. In dem Bus waren 27 Sitzplätze, unsere Zählungen, während wir eingequetscht oder in der Luft gegen den Bandscheibenvorfall in der letzten Reihe des Busses kämpften, ergaben 37-45 Leute, die sich vor uns in all unmögliche Sitzpositionen drängten. In dem "local bus" sprach natürlich keiner ein Wort Englisch, also wurden wir dann irgendwo in Ninh Binh auf der Straße rausgeworfen, aber die Stelle war gar nicht so fern ab unseres Hotels. Mr. Xuan war ein sehr lustiger und netter Gastgeber, der unsere Ankunft erst einmal mit "Ninh Binh Wasser" begossen hat und in dessen Regalen sich Schnaps mit Leguanen und Schlangen neben der Feuerwehrwimpeln aus Bayern finden lassen. Auch sein Aquarium mit Plastik-Atlantis war sehr originell :) Nach einer Nacht auf einer guten Matratze (endlich!) ging es am nächsten Morgen auf einen 2-Tages-Trip in den Phu Long Nationalpark. Unser Guide war der Neffe von Mr. Xuan und nicht nur seine Lache haben uns total an Mr. Chao aus dem Film "Hangover" erinnert. Der lebensfrohe Mr. Chao konnte gut Englisch, wusste viel über Natur, Landwirtschaft und die Kultur und hatte zudem einen guten Humor. Sein erster markanter Satz nach dem Kennenlernen war "In Vietnam, we have dogs only for eating". Nach einer Erläuterung über die speziellen Katzen- und Hunde-Restaurants, die nur die zweite Hälfte des Monats geöffnet sind, haben wir auch sonst all unsere Fragen über Vietnam, wie z.B. warum es hier überall vor Vogelkäfigen wimmelt und wie das so mit dem Kommunismus ist, loswerden können. Wir haben gelernt, dass jeder Vietnamese entweder Vögel oder Bonsai oder Fische oder alles zusammen hat. Die Fragen zur Partei bleiben teils unbeantwortet, weil jeder dem "false friend" political "party" (englisches Wort für Partei) erliegt und wir wie in Kambodscha nur als Antwort bekommen, dass die Regierung nicht so oft Parties oder Feiern organisiert :) Auf unserem Weg in den Phu Long Nationalpark sind wir durch den Tam Coc Nationalpark gefahren - ähnlich beeindruckende Felsformationen wie in Ha Long, nur etwas weniger Wasser herum, trotzdem malerisch schön. Ein riesiges Gebiet hat dort ein super super reicher Vietnamese gekauft, ganze Dörfer wurden nun versetzt, dicke Asphaltstraßen sind in Arbeit und der "buddhistische Freizeitpark" ist auch fertig gestellt, so dass von dieser idyllischen Naturschönheit wohl bald nicht mehr viel übrig ist... Nach dem wir Tam Coc hinter uns gelassen haben, ging es weiter durch Reisfelder, auf denen bei sengender Hitze gearbeitet wurde. Wir stoppten für frische Ananas und bei einen Tempel mit unzähligen, wunderschönen Lampen und erreichten dann das erste Dorf, wo in einem "Garagen-Resto" Mittagessen für uns zubereitet wurde. Nachdem wir uns die Fischer, die in ihren kleinen Booten auf dem Fluss wohnen, angesehen haben, gab's das leckereste und wohl authentischste vietnamesische Essen. Die Tischnachbarn, die mal wieder ganz fasziniert von unserer Größe und unserem Aussehen waren, mussten diese einmalige Gelegenheit natürlich mit Schnaps begießen. In Vietnam trinkt man bei einer Runde leider nicht nur einen, sondern mindestens zwei bis drei Kurze, weniger wäre unhöflich gewesen, ließ uns Mr. Chao wissen, nachdem er in unsere verstutzten Gesichter blickte... Die Vietnamesen fernab der Busbahnhöfe sind alle so nett, vor allem lustig und gehen mehr aus sich heraus als in Laos oder Kambodscha. Den ehemaligen kommunistischen Freund "DDR" kennt hier irgendwie niemand, aber sie tippen total gern, aus welchem Land wir kommen, wie viel wir Giganten denn wiegen und bis wohin auf unserem Arm ihr Kopf reicht - "touchy touchy" sind auch hier viele und wir fürchten uns manchmal vor dem 4cm langen Fingernägel der Männer am kleinen Finger - ein Zeichen, dass man nicht auf dem Feld arbeitet. 
Gut gestärkt und mit Drachen und Stifte für die Kinder im Dorf ging es weiter gen Phu Long. Wir haben einen weiteren Zwischenstopp bei einer Bambus-Chopstick-Fabrik am Fluss eingelegt, wo unter härtesten Arbeitsbedingungen Bambus jeglicher Form verwertet wird. Danach ging es für einen guten Blick richtig hoch in die Berge, wo man auf Reisterrassen in alle Richtungen schauen konnte und wo wir die erste "white Thai" Frau (Minderheit in dieser Region) getroffen haben, die da ihre Wasserbüffel grasen ließ. Nach einem kurzen sinnflutartigen Schauer ging dann unser Trek durch ein Tal und entlang eines Dorfes mit Reisfeldern am türkisfarbenen Fluss. Die Leute waren alle so freundlich und die Aussichten wirklich paradiesisch - das schönste Dorf der Reise :) Zudem war nirgendwo ein Tourist zu sehen, weil Phu Long im Gegensatz zu Sa Pa (noch) unbekannt ist. Schweißgebadet kraxelten wir dann zwischen den Reisterrassen gen Bergdorf und nach einer Abkühlung im Wasserfall erreichten wir nach einem weiteren Aufstieg das Dorf und unser Gasthaus mit Blick auf die Berge. Die Dorfbewohner kamen gerade alle von ihren Reisfelden nach Hause und staunten über die weißen, riesigen, schweißnassen Gäste. Einer hat sich direkt auf einen Tee zu uns gesetzt und konnte gar nicht mehr aufhören, jede Körperstelle mit seiner zu vergleichen - vom Handgelenk bis zum Oberschenkel wurde alles vermessen und verglichen, danach war Hanni und seine Körperbehaarung dran. Wir haben auch ein paar Worte in der Sprache der "white Thai" gelernt, aber er fand unsere Aussprache nur zum Totlachen und allgemein hoffnungslos. Im großen Haus der Familie, was quasi nur ein Zimmer war, gab es dann Abendbrot und 2 Kissen für uns unter den Po, damit wir das Essen im Sitzen auch durchhalten. Von Ente (bis zum Schnabel wurde hier alles verwertet und gegessen) über eine Wurzel von einem Baum und leckeren Frühlingsrollen (Mr. Chao zog uns auf, dass Katzenfleisch drinn war, aber wir hoffen, es war nur ein Witz). Leider kam man kaum zum Essen, denn nachdem Mr. Chao's Thai-Freund Toin noch zum Essen kam, gingen die Runden "Phu Long Wasser" los... Der selbst gebrannte Klare wurde in einem 10 L Wasserkanister aufbewahrt und war am Ende des Abends leer... Eine kleine Karaffe wurde immer wieder aufgefüllt und bald fürchteten wir uns schon vor ihr, denn es gab kein Erbarmen und mit Highspeed wurden die Schnapsgläser erhoben... Nach mindestens 20 Schnaps hat Mr. Chao bei seiner "happy time" draußen eine Monsterspinne entdeckt, die bei Fotos gut in Szene gesetzt wurde. Aufgrund gewisser Sprachbarrieren haben wir danach das sprach-unabhängige Spiel "Hans Uhuuu" nun auch in den Bergen Vietnams populär gemacht. Dieses Kinder-/ Trinkspiel funktioniert so, dass beide Spieler mit verbundenen Augen auf gegenüberliegenden Seiten eines Stuhls knien, den sie immer mit einer Hand festhalten müssen. Der eine Spieler hat ein Handtuch mit Knoten am Ende in der Hand und ruft dann "Hans?), worauf der andere mit "Uhuu" antwortet und sich versucht taktisch zu verstecken, dass er mit dem darauffolgenden Handtuch nicht getroffen wird (weil niemand was sieht, schlägt man ja nur nach dem Geräusch). Nach all dem Phu Long Wasser haben wir uns alle dabei köstlich amüsiert, allein wie die Vietnamesen "Haan? - Uuhu" aussprechen ließen bei uns die Freudentränen nur so laufen, wir lagen auf dem Boden vor Lachen, wie der kleine Thai sich freute, den großen Holländer beim Spiel mit dem Handtuch zu treffen. Selbst die Frauen, von Oma bis zum kleinem Kind, die alle zuschauten (mitmachen dürfen sie leider nicht, aber die Rechte der Frau sind ein eigenes Kapitel), haben sich nicht mehr einbekommen vor lachen. Wir bereuten die Schnäpse später nicht, als wir auf dem harten Bambusmatten auf dem Boden lagen und ab 5 Uhr die Wasserbüffel und Hähne blökten und krähten. Nach einem leckeren Frühstück ging es auf einem Weg mit Postkartenaussichten wieder zurück ins Tal zum Jeep. Wir trugen alle ein Badehandtuch, um all dem Schweiß irgendwie Herr zu werden, während Mr. Chao 2 Schlangen in seinem schwulen Handtaschen-Rucksack trug. Die Reise haben sie wohl überlebt, aber bald kommen sie bei Mr. Xuan in den Schnaps, weil Schlangen gegen das Altern helfen :) Auf der Rückfahrt haben wir noch in ein Dorf der "black Thai" und zwei Familien zu Hause besucht, mit ihnen Tee getrunken und uns ein bisschen gegeseitig bestaunt. Die Leute leben hier von ihrem Reis und ihren 1-2 Kühen und niemand wirtschaftet, um riesige Extragewinne zu machen, das war eine erfrischende Lebenseinstellung. Übrigens kommen die  Oreo-Kekse bei den Kindern oft nicht so gut an wie bei uns, da sind die Geschmäcker wohl zu verschieden :) Am Ende der Tour haben wir mitten von Ananasfeldern gehalten, Baby-Ananas gesehen und die Arbeiter in den Erdnussfelder gegrüßt. Nach einer wundervollen Tour sind wir wieder bei Mr. Xuan angekommen, der zum Abschied ein für die Region typisches Ziegen-Barbecue für uns bereit hatte. Mit dem (letzten!) Sleeperbus ging es dann direkt von Ninh Binh nach Hoi An und als der Bus aus Hanoi hielt, um uns aufzugabeln, hat Mr. Chao zum Abschied die Leute, die bereits in unseren gebuchten "Schlafställen" lagen, für uns sehr "wortgewandt" verscheucht. Wir haben viele witzige Geschichten von unserer Tour in den Phu Long Nationalpark zu berichten und einen wunderschönen, untouristischen Einblick in das "real Vietnam" bekommen. Wir vermissen Mr. Chao und Mr. Xuan und können ihre Touren nur empfehlen :)

Hier die Bilder zu den Geschichten:


Gerade ist's Zeit zum Reispflanzen


Phu Long Nationalpark

Das Bergdorf der white Thai, in dem wir übernachtet haben

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